Ein Lächeln

Ich schaue zur Bühne. Der Gitarrist steht hinter seinem Notenständer, das Mikrofon, die meiste Zeit unbesungen, direkt vor seinem Gesicht.

Der gute Mann ist kaum zu sehen. Spielt er? Oder kommt sein Part von Band? Ich vermag es nicht zu sagen. Er versteckt sich zu gut hinter dem dünnen Metallbaum seiner Noten-/Mikrofon-/Was-Weiß-Ich-Ständer.

Und die Sängerin? Präsent. Offen. Lachend. Ein sympathischer Hingucker, keine Frage. Sie schaut ins Publikum. Blickt auch mich an. Zieht mich in ihre Welt.

Mit ihrer Stimme. Ihren Bewegungen. Und ihren Blicken.

Und dann ist da der Keyboarder. Vergraben hinter einer Sonnenbrille. Nur sein Mund erkennbar. Die Lippen leicht geöffnet rollt er seine Zunge. Ich fühle mich an eine Szene aus dem Film „Einer flog über das Kuckucksnest“ erinnert.

Er ist hochkonzentriert, sicherlich. Hat sichtlich Angst, einen Fehler zu machen. Wirkt angespannt.

Kein angenehmer Anblick für mich. Er ruiniert den Musikgenuss. Sein Spiel mag gut sein. Vielleicht könnte ich sein Fingerspiel mit geschlossenen Augen genießen.

Aber optisch, nein danke.

Es ist eine Attitüde, die mir nun schon mehrfach begegnet ist. Bei Live-Auftritten. In Videos. Oder auch auf Fotos.

Hochkonzentrierte Musiker, die so sehr auf ihr fehlerfreies Spiel achten, dass ihre Gesichter zu Masken, ja Fratzen verzerrt sind.

Es berührt mich unangenehm. Wenn diese Musiker nur einen Bruchteil ihrer Energie, mit der sie nach musikalischem Perfektionismus streben, darauf verwendeten, ihr Mienenspiel zu korrigieren, wären ihr Auftritt ein Genuss.

Nehmen wir die Musikerin als Beispiel. Sie ist offen, lächelt. Versteckt sich nicht hinter einer Sonnenbrille. Ihre Körperhaltung zeigt Selbstbewusstsein.

Es ist eine Freude, ihr zuzuschauen.

Und sollten wir als Musiker unsere Zuhörer, und eben auch die Zuschauer, nicht amüsieren, unterhalten, ihnen eine gute Zeit schenken?

Und dazu bedarf es mehr, als die einzelnen Noten perfekt zu spielen.

Lasst uns einfach einmal lächeln.

Euer Bass