Musik hören?!?

zuletzt bearbeitet am 31.12.2019, Lesezeit etwa 4 Minuten

Genügt es nicht, einfach Tabs anzuschauen?

Musik hören, wozu?

Ich weiß nicht, wie es Euch ergeht. Aber ich kenne die Songs meiner Jugend auswendig. Kann sie mitsingen, bei manchen perfekt die Luftgitarre dazu spielen.

Ich spüre sofort, wenn es sich um eine dieser unseligen Remaster-Aufnahmen handelt, die nach den 2000er Jahren verbrochen und bei denen meine Lieblingslieder durch zusätzliche Computereffekte „verschönt“ wurden. Von den leidlich innovativen unplugged-Versionen nach Kurt Cobains Tod ganz zu schweigen.

Wie vielen anderen mag es so ergehen wie mir? Sie glauben, ein Musikstück so gut zu kennen, dass sie es mit ihrem Instrument nachspielen oder es singen können.

Ich habe mich nie groß mit Musik beschäftigt. Ich habe sie mal mehr, mal weniger intensiv konsumiert. Musik spielte sicherlich eine große Rolle in meinem Leben. Auf Partys, im Auto, bei Partys im Auto…

Aber seit ich mich im Bassspielen übe, bin ich gezwungen, mich näher mit den Liedern auseinanderzusetzen.

Für Musiker gibt es viele Hilfen im Internet, um sich Musikstücke vermeintlich schnell und einfach anzueignen.

Die Texte findet man in der Suchmaschine der Wahl. Tabs für Gitarre und Bass sind ebenso reichlich vorhanden wie einschlägige Videos für Schlagzeug und Keyboard.

Nicht erst seit Paul Davids Video weiß ich, dass viele der Informationen zu den Liedern schlicht falsch sind.

Genügen nicht Tabs?

Paul spricht ein Problem an, das mir in den vergangenen Monaten häufig begegnete.

Ich versuche, ein Lied für unsere Band zu üben. Ich suche dann erst einmal nach sogenannten Bass-Tabs.

Diese Tabs veranschaulichen auf einfache Weise, welche Saiten am Bass ich anschlagen muss, um das Lied nachzuspielen.

Dabei gibt es verschiedene Internetseiten mit solchen Tabs. Oft findet sich eine Bewertung unter den Tabs. Diese reicht von bislang gar nicht bewertet bis fünf Sterne.

Doch wie oft schon musste ich feststellen, dass ich trotz aller Bemühungen nicht in der Lage war, mit diesen Tabs die Lieder nachzuspielen?

Bin ich zu blöd dafür? Können mehrere Dutzend Fünf-Sterne-Bewertungen irren?

Um die Fragen gleich zu beantworten: Ja, sie können irren. Und sie tun es oft. Und meist weichen die Angaben nicht nur in Nuancen von den Originalliedern ab.

Wer wenig mit Tabs anzufangen vermag, kann die gleichen Probleme nachvollziehen, wenn er nach Liedtexten sucht.

Ich weiß nicht, woran es liegt. Hören die Leute irgendwelche komplett anderen Aufnahmen als ich? Raten sie einfach die Worte oder sind sie schlicht nicht in der Lage zuzuhören?

Mal fehlen ganze Strophen, dann werden wahllos Worte verdreht. Manchmal ergibt es auch gar keinen Sinn, wie die Worte aufgeschrieben wurden.

Auf eine Version einigen

Um hier ein wenig Struktur reinzubringen, einigen wir Wannabees uns bei jedem Song, den wir spielen wollen, auf eine ganz konkrete Aufnahme.

Diese bildet die Ausgangsbasis für unser Arrangement.

So vermeiden wir, dass der Bass die Studio-Aufnahme einübt, die Gitarre aber die um fünf Minuten längere Live-Version vom Johannes-Lichter-Gedächtnis-Benefiz-Kochen-1972 in D-Dur statt C-Moll.

Auch ist die Cover-Version von Guns N’Roses - Knockin’ on Heaven’s Door eine gänzlich andere als das Original von Bob Dylan.

Nun brauchen wir uns nur noch das Lied anhören und erkennen sofort, ob wir den richtigen Text singen oder die Noten zu einem anderen Lied gehören.

Wir müssen einfach nur hinhören.

Aber ich höre nichts?

Im Sommer saß ich mit saxgit im Proberaum. Sie spielte immer das gleiche Lied auf ihrem Smartphone ab. „Hörst Du denn den Bass nicht?“ Ich sah die Enttäuschung in ihren Augen.

Aber ich konnte nur hilflos den Kopf schütteln.

Lag es am Handy, das die tiefen Bass-Töne nur schwer übertragen kann? Vielleicht.

Eher würde ich es aber meinem Unvermögen zuschreiben, mich auf ein Instrument zu konzentrieren, wenn ich es höre.

Doch ich will es lernen. Ich will hören können. Vielleicht nicht so perfekt wie die ganzen Profi-Musiker. Aber doch so gut, dass ich erkennen kann, ob ich am Bass einen rechten Mist zusammenspiele oder es einigermaßen zu den anderen Tönen der Band passt.

So ziehe ich mich nun regelmäßig in einer ruhigen Stunde mit meinem Lautsprecher zurück, höre jedes einzelne Lied intensiv an und versuche zu erkennen, wie das Lied zusammengesetzt ist.

Welche Instrumente werden benutzt? Wann setzen diese ein, spielen sie durchgehend? Singt nur eine Person oder sind es mehrere?

Es sind ganz einfache Fragen, die ich zu beantworten versuche.

Aber mit der Zeit stelle ich fest, dass ich durch stetes Üben glaube, die einzelnen Bestandteile besser hören zu können.

Durch Konzentrieren, Zuhören und Wiederholen wird mein Hören mit jedem Tag besser. So hoffe ich zumindest.

Wie geht es weiter?

Mein nächster Schritt wird sein, für die Band ein Lied zu analysieren. Welche Instrumente brauchen wir, was singt der Chor usw.

Ich hoffe, dass ich an dieser Aufgabe nicht kläglich scheitern werde. Aber ich bleibe optimistisch.

Euer Bass